Das Vertrauen in E-Voting

Posted by Erich Neuwirth on 21. September 2016 in Allgemein with Comments closed |

Ich hab ein paar gedanken zum Thema E-Voting aufgeschrieben.

Auf papierwahl.at.

Wahlwiederholung und statistische Grafiken – ein weiterer Erklärungsversuch

Posted by Erich Neuwirth on 7. September 2016 in Allgemein, Statistische Fakten zur Politik with Comments closed |

Ich bin einigermaßen verblüfft.

Nämlich über die Reaktionen auf meinen gemeinsam mit Walter Schachermayer verfassten falter-Artikel zur Wahlaufhebung.

Es gibt überraschend viele Leser, die sich weigern unsere Argumentation als schlüssig anzuerkennen.

Insbesondere haben einige Leser Probleme damit, die Wahrscheinlichkeitsaussage

… erhalten wir unter Verwendung anerkannter Modelle und Methoden der Statistik eine Wahrscheinlichkeit von 0,000000000132. Das ist etwa ein Tausendstel der Wahrscheinlichkeit des Lotto-Sechsers.

Es gibt zwar in unserem Artikel einen – wie ich glaube – sehr anschaulichen Vergleich, aber dass es schwierig sein kann, Wahrscheinlichkeitsaussagen sinnvoll einzuordnen, ist eine bekannte Tatsache (und übrigens auch ein Auftrag an die Bildungspolitik).

Ich versuche daher hier noch einmal, eine möglichst einfache und nachvollziehbare Erklärung zu liefern, warum die Daten belegen, dass die Wahl nicht in den 11 vom VfGH beanstandeten Bezirken ergebnisverändernd manipuliert wurde.

Die folgende Grafik zeigt die Anteile des Kandidaten Hofer in allen 117 politischen Bezirken (und Statutarstädten). Jeder Bezirk wird durch einen Punkt dargestellt. Die x-Koordinate des Punkts (also wie weit der Punkt waagrecht gemessen vom linken Rand entfernt liegt) gibt den Anteil Hofers an den gültigen Urnenstimmen in diesem Bezirk an, die y-Koordinate (also die „Höhe“ des Punkts), den Anteil an den Wahlkartenstimmen in diesem Bezirk.

pic1d

Alle Punkte bis auf eine Ausnahme liegen unterhalb der strichlierten Diagonalen; das heißt, dass Hofer mit einer einzigen Ausnahme in allen Bezirken bei den Wahlkarten schlechter abgeschnitten hat als bei den Urnenstimmen.

Die Ausnahme ist der Bezirk Wien 4, dort hat Hofer bei den Wahlkarten um 0,3% (also nur geringfügig mehr) besser als bei den Urnenstimmen abgeschnitten.

Die roten Punkte entsprechen den 11 im Erkenntnis des VfGH explizit angeführten Bezirken, bei denen laut VfGH Manipulationen möglich gewesen sind, die grünen Punkte allen anderen Bezirken. Man sieht sofort, dass die roten Punkte genau in das Muster der grünen Punkte passen, sie zeigen keinerlei abweichendes Muster.

Die roten Punkte liegen eher rechts oben, das heißt, dass Hofer in diesen Bezirken besser abgeschnitten hat als in vielen anderen Bezirken, und zwar sowohl, bei den Urnenstimmen als auch den Wahlkartenstimmen.

Wie hätte das Ergebnis in den „roten“ Bezirken aussehen müssen, damit Hofer gewonnen hätte.

Hofer lag im Endergebnis (inklusive Wahlkarten) um 30.863 Stimmen hinter van der Bellen. In den beanstandeten „roten“ Bezirken gab es insgesamt 77.769 gültige Stimmen. Damit Hofer gewinnt hätte er 15.432 (30.863/2 aufgerundet) mehr von diesen Stimmen und van der Bellen 15.432 von diesen Stimmen weniger erhalten müssen. Dann läge Hofer genau eine Stimme vor van der Bellen.

Wenn wir diese 15.432 Stimmen mehr für Hofer anteilsmäßig auf die 11 beanstandeten Bezirke aufteilen und das dann grafisch darstellen ergibt sich folgendes Bild:

pic11d

Wir sehen sofort, dass Hofer in allen beanstandeten Bezirken bei den Wahlkarten deutlich besser als bei den Urnenstimmem hätte abschneiden müssen. Das wäre ein definitiv anderes Muster als in den nicht beanstandeten Bezirken.

Wenn man Manipulationen unterstellt, dann hätten diese Manipulationen die Punkte von den auffälligen Positionen in der zweiten Grafik (deutlich höher als die grünen Punkte) in die unauffälligen Positionen auf der ersten Grafik (zwischen den grünen Punkten) verschieben müssen.

Man hätte also schon während der Manipulation, *vor* der Auszählung der Wahlkartenstimmen, wissen müssen, wo die grünen Punkte liegen werden. Dazu wären hellseherische Fähigkeiten notwendig gewesen; und zwar für jeden einzelnen der beanstandeten Bezirke. Also entweder Personen mit hellseherischen Fähigkeiten
in jedem dieser Bezirke,
oder eine Verschwörung mit einem zentralen Hellseher, der dann an die Mitglieder der Verschwörung in jedem der 11 Bezirke eine Order über die Zahl der zu manipulierenden Stimmen ausgibt.

Man hätte außerdem im vorhinein wissen müssen, in welchen 11 Bezirken Hofer atypisch besser abschneiden wird als in den anderen Bezirken, um genau dort zu manipulieren.

Schwierig ist dann auch noch die Logistik der Stimmenmanipulation. Man müsste die passende Zahl von Wahlkartenkuverts mit Hofer-Stimmen finden und darin die Hofer-Stimme durch eine van-der-Bellen-Stimme ersetzen.

Wenn man das alles überlegt, dann kann man de facto ausschließen, dass es jemanden gibt, der eine derartige Manipulation zustande bringt.

Wahlwiederholung fast ein halbes Jahr später: Was ändert sich bei den Wahlberechtigten.

Posted by Erich Neuwirth on 28. Juli 2016 in Allgemein with Comments closed |

Am 2. Oktober 2016 findet die Wiederholung der Bundespräsidentenwahl statt. Wahlberechtigt sind alle österreichischen Staatsbürger, die am 24. April 2016 das 16. Lebensjahr vollendet hatten.
Seit diesem Tag sind aber Wahlberechtigte verstorben. Wieviele ungefähr sind das?
Laut Daten der Statistik Austria betrug die Bevölkerung mit österreichischer Staatsbürgerschaft und Alter 16 oder mehr am 1. Jänner 2016 ca. 6,3 Millionen. Davon waren 2,0 Millionen (oder 31%) über 60 und 1,2 Millionen (oder 19%) zwischen 16 und 29 Jahren alt.

Im Jahr 2015 sind in Österreich (Daten ebenfalls von Statistik Austria) ca. 83.000 Menschen gestorben. Allerdings waren nicht alle davon österreichische Staatsbürger. Der Anteil der österreichischen Staatsbürger in der Altergsruppe 60+ beträgt 94% (Bevölkerung mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft hier). Der Zeitraum zwischen 24. April 2016 bis 2. Oktober 2016 sind 161 Tage oder 161/365=44%.
Bei Fortschreibung dieser Zahlen sterben im Zeitraum von 24. April 2016 bis 2. Oktober 2016 0,94∙0,44∙83.000 ≈ 34.000.

Ca. 34.000 Wahlberechtigte sterben also zwischen dem Stichtag der Wahl und dem Tag der Wiederholungswahl.

Die Wählergruppe, die „zu kurz“ kommt, sind die österreichischen Staatsbürger, die zwischen dem Stichtag und dem Wahltag 16 Jahre alt werden und nicht zur Wahl gehen dürfen. Das sind Angehörige des Geburtenjahrgangs 2000. Im Jahr 2000 wurden in Österreich (wieder laut Statistik Austria) ca 78.000 Kinder geboren. In der Altersgruppe der 16-jährigen ist der Anteil der Nichtösterreicher höher als bei Älteren, 2016 war er in Österreich 87%. Bei Fortschreibung dieser Zahlen ergibt das 0.87∙0,44∙78.000 ≈ 30.000 Personen, die zwischen Stichtag und Wahltag das Wahlalter erreichen, aufgrund der Gesetzeslage aber nicht wählen dürfen.

Verschiedentlich wird auch argumentiert, dass dadurch eine Benachtailigung eines Kandidaten, nämlich Van der Bellens, entstünde, weil er sowohl bei de Altersgruppe 60+ als auch bei der Altersgruppe 16-29 besser abgeschnitten haben als bei der übrigen Wählern.
Als Begründung wird die SORA-Wahlanalyse angeführt, die aufgrund einer Befragung behauptet, dass Van der Bellen bei den Jungen 54% und bei den Alten 51% erreicht habe.

Die Befragtenzahl bei SORA ist ca. 1200.
Wenn die Stichprobe die Altersverteilung der Wähler repräsentiert, dann sollte es in der Altersgruppe 16-29 ca. 230 Befragte und in der Altersgruppe 60+ ca. 370 Befragte geben. Das ergibt Schwankungsbreiten von 6,5% bzw. 5,1%. Das bedeutet, dass die Umfrage für keine der beiden Altersgruppen schlüssig belegt, dass einer der beiden Kandidaten vor dem anderen gelegen wäre.

Konkret hieße das zum Beispiel, dass im der Stichprobe von den 370 über 60-jährigen 181 Hofer und 189 Van der Bellen gewählt hätten. Dass es mehr als wagemutig ist, daraus abzuleiten, dass Van der Bellen in dieser Altersgruppe bei allen Wählern vorne gelegen ist.

Außerdem liegt die Validität von Meinungsumfragen zu Wahlverhalten – wie die Erfahrungen bei den vergangenen Wahlen zeigen – nicht in einem Bereich, der dermaßen präzise Aussagen zulassen würde.

Hier mit Umfragen zu argumentieren zeigt von nicht ausreichendem Verständnis für die Einsetzbarkeit und Nichteinsetzbarkeit statistischer Methodik.

Das Höchstgericht, Daten und Indizienbeweise

Posted by Erich Neuwirth on 18. Juli 2016 in Allgemein with Comments closed |

In seinem Beitrag im standard vom 13. Juli geht Christoph Kletzer mit den Kritikern des VfGH-Entscheids zur Wahlaufhebung sehr scharf zu Gericht; sein Vorwurf lautet „zum Lesen gehört auch Denken“.
Er glaubt, mit einem fiktiven Zahlenbeispiel belegen zu können, warum die Wahlaufhebung gerechtfertigt ist. Dieses Beispiel passt aber überhaupt nicht zu der Sachlage, die der aktuellen Wahlaufhebung zugrunde liegt. In dem Beispiel geht es um ein Wahlergebnis, in dem ein Kandidat nur eine Stimme Vorsprung hat und in dem bei zwei Stimmen Verfahrensmängel festgestellt wurden.

Im aktuellen Fall geht es um insgesamt 77.769 Stimmen, die in den 11 Bezirken, in denen ergebnisrelevante Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, abgegeben wurden. In ganz Österreich gibt es 117 Bezirke, daher sollte man, wenn man Unregelmäßigkeiten vermutet, die aufsummierten Ergebnisse der beanstandeten und der nicht beanstandeten Bezirke vergleichen. Es in den beanstandeten Bezirken 2,6% ungültige Stimmen, in den nicht beanstandeten 2,5%. Hofer erzielte in den 11 beanstandeten Bezirken 45,5% der gültigen Stimmen, in den nicht beanstandeten 106 Bezirken 37,4%. Außerdem schnitt Hofer in allen nicht beanstandeten Bezirken (mit einer Ausnahme) bei den Wahlkartenstimmen schlechter ab als bei den Urnenstimmen, und zwar ingesamt um 13,8%.
Die Ausnahme ist Wien Wieden, dort schnitt Hofer bei den Wahlkarten um 0,2% besser als bei den Urnenstimmen ab.

In den beanstandeten Bezirken schnitt Hofer in Summe bei den Wahlkarten um 12,0% schlechter ab als bei den Urnenstimmen.

Die Ergebnisse in den beanstandeten und den nicht beanstandeten Bezirken folgen also demselben Muster, es gibt nicht die geringsten Hinweise, dass das Wahlergebnis in den beanstandeten Bezirken systematische Unterschiede zum Ergebnis in den nicht beanstandeten Bezirken aufweist.

Machen wir, der Argumentation von Herrn Kletzer folgend, ebenfalls ein Gedankenexperiment. Versuchen wir herauszufinden, wie stark sich das Ergebnis in den beanstandeten Bezirken vom aufgehobenen Endergebnis unterscheiden müsste, damit Hofer Wahlsieger wäre. Der Abstand zwischen Van der Bellen und Hofer beträgt 30.863 Stimmen; Hofer müsste also bei den Wahlkartenstimmen in den beanstandeten Bezirken noch 15.382 Stimmen mehr als im offiziellen Ergebnis haben. Das hieße, dass er dort 65,9% der Stimmen erreichen müsste; anders gesagt: er müsste also dort um 8,4% besser als bei den Urnenwahlstimmen abschneiden. Verteilt man (hypothetisch) diese Stimmen proportional zur Gesamtstimmenzahl auf die 11 beanstandeten Bezirke, dann würde Hofer in jedem dieser Bezirke bei den Wahlkartenstimmen deutlich besser abschneiden als bei den Urnenstimmen. Das wäre eine massive systematische Abweichung vom Ergebnis in den nicht beanstandeten Bezirken. Die Wähler müssten also in den beanstandeten Bezirken ein dramatisch anderes Wahlverhalten gehabt haben, und die Manipulationsverursacher müssten ohne tatsächliche Kenntnis der Briefwahlergebnisse in den nicht beanstandeten Bezirken die Ergebnisse in den beanstandeten Bezirken genau so manipuliert haben, dass sie in das Muster der anderen Bezirke passten. Das würde hellseherische und statistische Fähigkeiten in ziemlich hohem Ausmaß erfordern!

Diese Überlegungen sind – um auf einen weiteren Gedanken Kletzers einzugehen – keine Hochrechnung, sondern eine Plausibilitätsprüfung von Daten und von Szenarien möglicher anderer Wahlausgänge. Unter Leuten, die mit Daten (und Wahlergebnisse sind Daten) arbeiten, hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass man bei Daten immer als erstes derartige Plausibilitätsuntersuchungen machen muss, um mögliche Verfälschungen zu entdecken.

Schlussfolgerung aus der Sicht eines Statistikers ist jedenfalls, dass die Wahlergebnisse der Bezirke zeigen, dass ein Wahlsieg Hofers durch verfälschte Ergebnisse in den 11 beanstandeten Bezirken zwar theoretisch denkmöglich, praktisch aber ausgeschlossen ist.

Es gibt eine Charakterisierung des Unterschieds zwischen Statistikern und Mathematikern: Wenn ein Statistiker und ein Mathematiker sehen, dass eine Münze 20x geworfen wird und 20x Kopf kommt, dann sagt der Mathematiker: „Ich bin soeben Zeuge eines äußerst unplausiblen aber möglichen Ereignisses geworden.“ Der Statistiker sagt: „Kann ich die Münze in die Hand nehmen und näher untersuchen?“

Im Falle der Wahlaufhebung verhält sich der Verfassungsgerichtshof wie der Mathematiker, er zieht alles, was denkmöglich ist, gleichermaßen in Betracht, auch wenn es mit praktischen Erfahrungen nicht im Einklang steht.

Die mit den Daten angestellten Überlegungen haben den Charakter eines völlig überzeugenden Indizienbeweises dafür, dass es keine ergebnisbeeinflussenden Manipulationen gegeben hat, und Indizienbeweise sind in der Rechtssprechung durchaus etablierte Beweismittel.

Auf meiner Webseite www.wahlanalyse.com werden diese Überlegungen noch detaillierter und grafisch aufbereitet dargelegt.

Statistisches zur Aufhebung der Bundespräsidentenwahl

Posted by Erich Neuwirth on 16. Juli 2016 in Allgemein with Comments closed |

Ich habe mir zur Aufhebung des 2. Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl ein paar Gedanken gemacht.

Der Verfassungsgerichtshof war der Meinung, dass es denkmöglich wäre, dass
durch ein anderes Ergebnis in 11 beanstandeten Bezirken Hofer hätte gewinnen könne.

Ich untersuche, wie stark so ein Ergebnis von aufgehobenen abweichen müsste,
damit Hofer wirklich Erster wäre.

Das ganze gibts auf meiner Website www.wahlanalyse.com.

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