Anmerkungen zur Modellschularbeit Mathematik AHS – Dezember 2014
Diese (vom bifie erstellte) Modellschularbeit soll Schülern einen Vorgeschmack auf die Zentralmatura geben. Ein Großteil der Beispiele unterscheidet sich nicht sehr stark vom bisher Üblichen, aber einige Beispiele sollen (oder wollen) anwendungsnäher sein als das bisher üblich war. Und da kommt es dann zu Ungereimtheiten. Nur aber der Reihe nach Anmerkungen zu einigen Beispielen aus der Sicht von jemandem, der unter anderem an der Universität Nichtmathematikern Mathematik nahebringen muss.
Die Aufgaben findet man hier zum Teil 1 und hier zum Teil 2. Die Korrekturhefte findet man hier zum Teil 1 und hier zum Teil 2.
Wenn sie meine Anmerkungen nachvollziehen wollen, dann machen sie diese Dateien am besten in einem zusätzlichen Fenster in ihrem Browser auf.
Teil 1 – Aufgabe 1
Das Aufgabenformat ist seltsam. Lückentext mit Multiple Choice ist etwas, was bei mathematischen Fragestellungen selten auftritt. Mir fällt dazu eine Karikatur ein, in der ein Jobbewerber gefragt wird, was er denn gut könne, und antwortet „Tests bearbeiten kann ich wirklich gut!“.
Teil 1 – Aufgabe 2
Ausgehend von einer vorgegebenen Aussage über einen Winkel stehen 5 weitere Aussagen zur Wahl. Für diese Aussagen soll entschieden werden, welche davon aus der vorgegebenen Aussage folgen und welche nicht. Als Zusatzinformation erfährt man, dass genau 2 der 5 Aussagen richtig sind. Wenn man also auf Anhieb 2 Aussagen als richtig identifizieren kann muss man über die restlichen Aussagen gar nicht mehr nachdenken. Das scheint mir (zumindest in der Mathematik) ein eigenwilliges Frageformat. Mein Vorschlag wäre, bei diesem Beispiel nicht vorzugeben, dass genau 2 Aussagen richtig sind, aber zur Unterstützung eine kleine Grafik mit den Graphen von Sinus und Cosinus mitzudrucken.
Teil 1 – Aufgabe 6
Auch in diesem Fall wird vorgegeben, dass genau 2 von 5 Aussagen richtig sind. Das kommt in der Praxis kaum je vor. Und dieses Beispiel beansprucht zumindest von der Aufgabenstellung her eine gewisse Praxisnähe.
Teil 1 – Aufgabe 8
Bei diesem Beispiel bekommen Statistiker Magenschmerzen. Ausgehend von einer veröffentlichten Darstellung kriminalstatistischer Daten geht es darum, einen bestimmten Wert zu interpretieren. Die grafische Darstellung der Daten begeht eine statistische Todsünde, es handelt sich um ein abgeschnittenes Balkendiagramm. In praktisch jeder Einführung in Statistik lernt man, dass diese Darstellung sehr schlecht ist, weil sie Unterschiede übertreibt. Diese Darstellung ist nicht „Schuld“ der Prüfungsautoren, denn sie wurde tatsächlich so publiziert. Man sollte aber einen derartigen statistischen Kunstfehler nicht unkommentiert in einer Prüfung verwenden. Es gäbe mindestens zwei Möglichkeiten, dieses Problem zu umgehen. Man könnte die Daten aus der verwendeten Quelle einfach als Tabelle angeben; die Aufgabenstellung wäre genauso zu bearbeiten, weil die Grafik keine weitere Information liefert. Oder man könnte die schlechte Darstellung als Teil der Aufgabe thematisieren, etwas durch die Frage „Warum ist die verwendete Grafik statistisch irreführend?“.
Teil 1 – Aufgabe 9
Bei einer Aufgabe über die Ableitungsfunktion einer Geschwindigkeitsfunktion sollte der Begriff Beschleunigung wohl entweder explizit oder als Antwort auf eine Frage vorkommen. Wenn man von Ableitung von Geschwindigkeit spricht, dann wird fast immer auch der Begriff „Beschleunigung“ explizit vorkommen.
Teil 1 – Aufgabe 11
Diese Aufgabe ist ziemlich komplex. Ausgehend vom Graphen der Ableitungsfunktion sollen gültige Aussagen über die ursprüngliche Funktion ausgesucht werden. Etwas seltsam ist, dass eine Aussage über den Bereich von minus unendlich bis 0 beurteilt werden soll, das dargestellte Schaubild aber nicht einmal erst bei -1/2 beginnt. Auch hier erscheint mir seltsam, dass die Vorgabe lautet, dass genau 2 von 5 vorgegebenen Aussagen richtig sind.
Teil 1 – Aufgabe 12
Bei dieser Aufgabe ist leicht zu sehen, dass die letzte der 5 Aussagen richtig ist. Zu erkennen ob die anderen Aussagen richtig oder falsch sind ist durchaus schwierig. Insbesondere sind die Überlegungen, die zeigen, dass die dritte Aussage richtig ist, etwas trickreich, weil es rein grafisch nicht ganz einfach ist, die Fläche zu „sehen“, die dem Ausdruck A/5 entspricht.
Teil 1 – Aufgabe 14
Dieses Beispiel ist komplexer als es den Anschein hat. Natürlich ist streng formal dies Zufallsvariable X nicht binomialverteilt, sondern hypergeometrisch verteilt. Allerdings ist der Unterschied nicht besonders groß. In einigen praktischen Fällen wäre es also zur Abschätzung von Größenordnungen durchaus möglich, die Binomialverteilung als Ersatz für die hypergeometrische Verteilung zu verwenden.
Teil 2 – Aufgabe 1
Wenn innerhalb eines Beispiels mit 3 Teilen die Funktionsbezeichung f dreimal für drei verschiedene Funktionen verwendet wird ist das verwirrend.
Teil 2 – Aufgabe 2
Bei diesem Beispiel sind die Erläuterungen im Korrekturheft nicht ganz zufriedenstellend. Bei der Unteraufgabe c) ist zu überprüfen, ob die Grafik den Schluss zulässt, dass exponentielles Wachstum vorliegt. Bei 5 Werten sollte man dazu 4 Quotienten bzw. Wurzelausdrücke bilden. Im Korrekturheft werden als Vorlage aber nur 2 solche Ausdrücke berechnet. Außerdem wäre es nützlich, im Korrekturheft darauf hinzuweisen, dass man die Antwort auch ausgehend von den Logarithmen der Unfallsrisikowerte finden kann.
Teil 2 – Aufgabe 3
Die letzte Aufgabe in Teilaufgabe c) ist zwar als mathematisches Problem lösbar, allerdings ziemlich artifiziell. In dieser Form tritt die Frage in realem Anwendungskontext kaum je auf.